WC2 in Kontiolahti, Boe-Festspiele beim Sprint über 10km der Herren

Event-Datum: 
Donnerstag, 3 Dezember, 2020
Tarjei Boe rast im Sprint von Kontiolahti zum Sieg
Der Norweger Tarjei Boe lieferte eine fehlerfreie Schießleistung, fegte über die Strecke und gewann am Nachmittag den 10-Kilometer-Sprint der Herren von Kontiolahti mit einer Zeit von 24:03.7. Der 32-Jährige errang damit seinen ersten BMW IBU-Weltcup-Sieg, seitdem er 2017 in Oestersund den Springwettbewerb für sich entschied. Zweiter wurde der Deutsche Arnd Peiffer mit einem Rückstand von 13,9 Sekunden, der ebenfalls alle Scheiben traf. Der dritte Platz ging mit einer Strafe und 29,4 Sekunden Rückstand an Tarjeis Bruder Johannes Thingnes Boe.
 
„Heute war mein Tag“
Für Tarjei war es der erste Weltcup-Sieg gegen seinen Bruder seit dem Sprint in Oestersund, bei dem Johannes noch am Anfang seiner Karriere stand. Der heutige Triumph ist erst der zehnte Sieg in der Karriere des IBU-Weltcup-Gesamtsiegers von 2011 und er freute sich riesig, es wieder ganz nach oben geschafft zu haben. „Das sind die Momente, für die man trainiert. In den letzten Jahren war es schwierig, Johannes und Martin zu besiegen, da sie ständig alle Titel holten. Für alle anderen Athleten im Rennen war die Lage ziemlich frustrierend. Jetzt ist der eine weg – und der andere ist mein Bruder. Heute war mein Tag, und auch wenn es nicht so oft vorkommt, dass ich gewinne, ist es ein tolles Gefühl, es geschafft zu haben!“
 
„Es tut gut, ihn doch mal zu schlagen“
Er fand aber auch lobende Worte für seinen Bruder. „Er ist einfach unglaublich. Wir haben zwar die gleichen Gene, aber er hat etwas an sich, das ich nicht habe. So ehrlich muss ich sein. Auf den Skiern ist er ein Tänzer. Manchmal wird es für die Jungs im Team frustrierend, weil wir es im Sommer sehr wohl mit ihm aufnehmen können. Aber wenn dann der weiße Pulverschnee liegt und er sich die langen Skier anschnallt, gleitet er uns einfach davon... Es tut gut, ihn manchmal zu schlagen und zu zeigen, wer hier der große Bruder ist!“
Der Schweizer Benjamin Weger traf alle Scheiben und landete auf dem vierten Platz – mit 35,9 Sekunden Rückstand sein bestes Ergebnis seit 2018. Als Vorletzter ging Erlend Bjoentegaard mit der Startnummer 107 an den Start, der mit einer fehlerfreien Schießleistung und 44 Sekunden Rückstand Fünfter wurde. Der Slowene Jakov Fak kam mit 45,3 Sekunden Rückstand und einer perfekten Leistung am Schießstand auf Platz Sechs.
 
Starke Leistung im Liegendschießen
Der zweite Sprint der Saison begann bei den Herren am Nachmittag unter ähnlichen Witterungsbedingungen wie die vorigen Wettbewerbe. Die Temperaturen lagen um den Gefrierpunkt und am Schießstand wehte eine mäßige Brise. Den größten Unterschied machte der Neuschnee aus, der seit gestern frisch auf der Strecke lag. Fünf der ersten acht Herren, darunter Fak, trafen im Liegendschießen alle Scheiben, was die guten Bedingungen am Schießstand deutlich macht. Johannes kam 14,7 Sekunden schneller zum Liegendschießen als der Rest der Strecke, verfehlte aber beim zweiten Schuss, was ihn 9 Sekunden kostete. Tarjei musste eine souveräne Leistung beim Liegendschießen hinlegen, um der Spitze die Führung streitig zu machen, doch dann traf Peiffer nach einer starken ersten Runde schön langsam alle Scheiben und machte um 2 Sekunden gut.
 
Tarjei geht weit in Führung
Fak landete als Erster beim Stehendschießen alle Treffer, gefolgt von Matwej Elisejew, der nach dem Liegendschießen früh die Nase vorn hatte. Johannes holte trotz des Fehlschusses beim Liegendschießen mit einer schnellen, perfekten Leistung beim Stehendschießen auf und sicherte sich damit in der letzten Runde die Führung. Doch kurz nach ihm blieb Weger fehlerfrei, was ihm 10-von-10 Treffern bescherte, sodass er nur 3,4 Sekunden hinter der gelben Startnummer lag. Der ältere unter den Boe-Gebrüdern setzte dann mit einer blitzschnellen Leistung beim Stehendschießen alles auf Sieg und sicherte sich einen Vorsprung von über 20 Sekunden vor Johannes und dem Rest der Strecke. Und so wurde der Tag plötzlich zum Veteranentag, denn Peiffer blieb wenige Augenblicke später beim Stehendschießen fehlerfrei und verließ den Schießstand 10 Sekunden hinter Tarjei.
 
Ein außergewöhnlicher Sieg
Johannes und Weger blieben einander auf den Fersen und kämpften um das Podest, bis die Wand seinen Schweizer Rivalen ausbremste: Der Norweger gelangte um 6,5 Sekunden schneller ins Ziel. Tarjei baute seinen Vorsprung an der 8,3 km-Marke sogar auf 26 Sekunden aus und wirkte souverän. An der Ziellinie vergrößerte sich dieser Vorsprung auf ganze 29,5 Sekunden, was ihm einen außergewöhnlichen Sieg bescherte. Peiffer verlor in der letzten Runde ein wenig an Tempo, blieb aber in Bezug auf den zweiten Platz hartnäckig, wodurch er seit seinem Sieg beim Olympischen Sprint von Pyeongchang 2018 zum ersten Mal beim Sprint aufs Podest stieg.
 
Verbesserte Schießleistung
Peiffer ist ein Jahr älter als Tarjei und war überrascht, sich trotz des 7. Platzes im Sprint vom Sonntag auf dem Podest wiederzufinden. „Damit habe ich nicht gerechnet. Nach der letzten Woche habe ich versucht, meine Schießleistung zu verbessern. Sie war nicht stark genug. Ich wollte alle Scheiben treffen. Ich mag die Strecke in Kontiolahti gern, denn unser Team war bei den Weltmeisterschaften hier erfolgreich. Als wir hier ankamen, hatten wir also ein gutes Gefühl. Es ist eine unserer Lieblingsstrecken.“
 
An neue Grenzen gebracht
Johannes räumte zwar ein, dass er beim Liegendschießen zwar immer noch jedes Mal aufs Neue nach einem guten Gefühl suchen muss, allerdings war er sehr zufrieden damit, wie er sich selbst motiviert hat. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich es nach dem Fehlschuss beim Liegendschießen aufs Podest schaffe. Ich traf vier oder fünf Scheiben, fühlte mich aber nicht ganz wohl dabei... Mir war klar, dass das Stehendschießen entscheidender ist. Ich habe versucht, nicht so viel über das Ergebnis nachzudenken. Ich habe versucht, auf den Skiern so schnell wie möglich zu sein. Ich habe mich selbst an neue Grenzen gebracht und bin froh, dass ich es aufs Podest geschafft habe. Ich bin stolz darauf, das auch dann zu machen, wenn ich mal nicht meinen besten Tag habe.“
Quelle: biathlonworld.com
 
Als bester Deutscher, auf Platz 2, freute sich Arnd Peiffer dass er am Schießstand heute ohne Fehler, seiner obersten Priorität, durchgekommen ist, meinte jedoch das Rennen zu aggressiv angegangen zu sein. Er hatte Zweifel ob er das Tempo halten kann. Peiffer hat in der letzten Runde alles gegeben, war sogar schneller unterwegs als Johannes Thinges Boe und konnte so diesen in Schach halten und ihn auf Platz 3 drücken. J.T. Boe war die ersten beiden Runden wohl etwas zu schnell angegangen, kam nach der letzten Runde mehr als abgekämpft ins Ziel.
Benedikt Doll leistete sich im Liegendanschlag einen Schießfehler, konnte, obwohl er mit seiner Laufleistung haderte, noch unter die Top 10 laufen.
 
Die deutschen Platzierungen:
Platz 2,   Arnd Peiffer, 0 Schießfehler, 0:13,9 Min. Rückstand
Platz 8, Benedikt Doll, 1 Schießfehler, 0:50,9 Min. Rückstand
Platz 16,  Erik Lesser, 2 Schießfehler, 1:05,5 Min. Rückstand
Platz 27, Roman Rees, 1 Schießfehler, 1:23,9 Min. Rückstand
Platz 28, Johannes Kühn, 2 Schießfehler, 1:24,5 Min. Rückstand
Platz 54, Lucas Fratzscher, 2 Schießfehler, 2:15,3 Min. Rückstand
geschrieben: 4. Dezember 2020 - 11:21 ; letzte Änderung: 19. April 2024 - 10:40